"Unser Gehirn ist nicht für die Großstadt gebaut"

Hallo Carsten! Du bist ein Coach, der gerne in der Natur ist. Du hast eine Methode entwickelt, die kreatives Arbeiten und Naturerlebnis verbindet. Wie kamst Du darauf?

Na ja, zunächst war da die eigene Erfahrung. So fiel mir auf, dass ich beim Wandern in der Natur nicht nur mein persönliches Wohlbefinden steigerte, sondern dass ich auch die besten Gedanken und Gespräche mit anderen führte. Als Psychologe möchte man natürlich wissen, ob da etwas dran ist und so suchte ich systematisch nach Studien und möglichen Befunden. Ich war überrascht, wie viele Ergebnisse mein eigenes Erleben bestätigten.

Was heißt das genau?

Das heißt, es spricht vieles dafür, dass unsere Psyche beziehungsweise unser Gehirn bei Bewegung in der Natur in bestimmten Bereichen einfach besser arbeiten. 

Wie wirkt sich denn der Aufenthalt in der Natur auf unser Gehirn aus?

Ich versuche es mal ganz einfach auszudrücken. Aufmerksamkeit, Emotionen und Denkprozesse scheinen insgesamt in einer besseren Balance zu sein. So ist der Reizstrom, den wir in der Natur empfinden für die meisten Menschen geradezu ideal. Wir empfinden weder Über-  noch Unterforderung und werden weniger abgelenkt, wenn wir denken. Durch das Gefühl der Entspannung kann beispielsweise auch der Hippocampus - das ist eine Region, die für das Lernen zuständig ist - besser Arbeiten. Und das sind nur zwei Aspekte, die Wandern und Natur in ein interessantes Licht stellen.  

Oh, das klingt nach interessanten Neuigkeiten.

Eigentlich nicht, wenn man bedenkt, dass unser Gehirn in einer natürlichen Umwelt seine Funktionen ausgebildet hat. Es ist quasi naturoptimiert und nicht für die Großstadt „gebaut“ worden.

Du arbeitest viel mit Unternehmen oder Verbänden. Zukünftig möchtest Du auch Privatpersonen animieren mit Dir im Urlaub zu Wandern. Für wen eignet sich solch ein Urlaub und welche Themen können dort behandelt werden?

Ja, das stimmt. Die Anwendungsmöglichkeiten im Unternehmensbereich sind vielfältig. Von umfangreichen Organisationsentwicklungsprozessen bis zum Einzelcoaching ist da einiges drin. Man muss nur das richtige Format finden. Für Privatpersonen sind es vor allem Möglichkeiten der persönlichen Reflektion und Entwicklung. Perspektiven und Gedanken können besser hin- und her wandern. Probleme können so mit einer ganz besonderen Tiefe betrachtet werden, so dass Lösungen für wichtige private oder berufliche Themen gefunden werden können.

Sollte man da besser alleine oder in Gemeinschaft sein?

Das kann man gar nicht so eindeutig sagen. Sicher braucht jeder einmal Zeiten für sich, doch in manchen Situationen ist es besser auf die Sicht und den Rat von anderen zu hören. Das können ein Freund, Coach oder ein guter Kollege sein. Was ich genau in welcher Situation brauche, muss ich also selbst entscheiden.